Das Scandinavian Ensemble feiert am 13. Dezember 15 Jahre Jubiläum mit Uraufführung eines Auftragswerks: Henrik Ajax (Bayerischer Kunstförderpreisträger) komponiert „Vintervila" für das Lucia-Fest.
München, 17. November 2025. Es ist der 13. Dezember. Dunkelheit und Stille in der St. Matthäus Kirche am Sendlinger Tor. Dann: ein Lichtschein. Eine junge Frau schreitet durch das Kirchenschiff, auf ihrem Haupt eine Krone aus flackernden Kerzen. Hinter ihr zieht ihr Gefolge in weißen Gewändern, Kerzen in den Händen, ihre Stimmen vereint im schwedischen Gesang – melancholisch, hoffnungsvoll, tief berührend. Es ist Lucia – die Lichterkönigin, die in der dunkelsten Zeit des Jahres die Finsternis durchbricht. Und es ist ein Jubiläum: 15 Jahre Scandinavian Ensemble (
www.thescandinavianensemble.com), 15 Jahre nordische Wintermagie in München.
Am 13. Dezember 2025 bringt das Ensemble die schwedische Lucia-Tradition in zwei Konzerten (16:00 und 19:30 Uhr) auf die Bühne der St. Matthäus Kirche. Mehr als 50 Sänger:innen, klassische Lucia-Lieder, ein traditioneller Luciazug – und die Uraufführung von „Vintervila”, eigens komponiert von Henrik Ajax.
Das Luciafest: Licht in der dunkelsten Nacht
Das Luciafest markiert für Schweden den emotionalen Höhepunkt der Vorweihnachtszeit. Benannt nach der frühchristlichen Märtyrerin Lucia von Syrakus zelebriert die Tradition das Licht in der dunkelsten Jahreszeit – vor der gregorianischen Kalenderreform 1752 war der 13. Dezember der kürzeste Tag im schwedischen Kalender. In weißen Gewändern, mit Lichterkronen auf dem Haupt und Kerzen in den Händen ziehen Lucia-Prozessionen durch Schulen, Kirchen, Unternehmen und Wohnzimmer. Die Lieder – „Sankta Lucia”, „Staffan var en stalledräng”, „Luciavisa från Dalsland” – sind tief in der nordischen Seele verwurzelt.
Was viele nicht wissen: Auch in Bayern gab es einst ähnliche Traditionen. Im Frankenjura und der Oberpfalz wurde die „Luziennacht” gefeiert – ein Fest des Lichts in dunkler Zeit. Und auch die Sonnenwende verbindet beide Regionen: Wenn in Schweden zu Mittsommer der geschmückte Midsommarstång aufgestellt wird und die Menschen tanzend um ihn kreisen, brennen zur gleichen Zeit in den bayerischen Alpen die Johannisfeuer auf den Berggipfeln. Das Licht als Symbol der Hoffnung, die Gemeinschaft im Ritual – diese Elemente verbinden die skandinavische mit der christlich-bayerischen Kultur bis heute.
Von der WG-Probe zur kulturellen Institution
Die Geschichte des Scandinavian Ensemble beginnt 2010, geboren aus Heimweh. Elin Keim, schwedische Wirtschaftsjuristin und seit drei Jahren in München, vermisst die Chormusik ihrer Heimat. Sie lädt neun Menschen in ihre Wohngemeinschaft ein, kocht Glögg, stellt Kerzen auf – und gründet einen Chor. „Wir waren nur neun Leute in meiner WG. Ich hatte Kerzen aufgestellt, Glögg gekocht, und wir haben die klassischen Lucia-Lieder gesungen. Es war ziemlich improvisiert, aber die Stimmung war magisch”, erinnert sich die heute 40-Jährige, die mittlerweile Vizepräsidentin der Schwedischen Handelskammer ist.
„Ich singe seit ich drei Jahre alt bin jedes Jahr Lucia”, sagt Keim. „Es war mir wichtig, das auch meinen Kindern weiterzugeben und gleichzeitig ein Stück Heimat für die schwedische Community in München zu schaffen.”
Aus der improvisierten ersten Probe wurde eine Institution. Heute zählt das Ensemble mehr als 50 Sänger:innen und hat sich zu einem zentralen Kulturträger der geschätzt 2.000 bis 3.000 Schwed:innen in München entwickelt. Das Erfolgsrezept: digitale Noten, Midi-Dateien zum Selbststudium, flexible Probenzeiten. „Bei uns zählt nicht Perfektion, sondern die Freude am gemeinsamen Singen”, betont Keim. Gesungen wird ausschließlich auf Schwedisch – eine bewusste Entscheidung, um die Tradition authentisch zu bewahren.
„Auch wenn man die Texte nicht versteht, spürt man die Stimmung sofort”, sagt Keim. „Die Kerzen, das Licht, diese einzigartigen Melodien – das berührt einfach alle.”
Jubiläumskonzert: Weltpremiere eines Auftragswerks
Im Zentrum des Jubiläumskonzerts steht die Uraufführung von „Vintervila" – ein Auftragswerk, das der Komponist Henrik Ajax speziell für das Scandinavian Ensemble geschrieben hat. Das fünfminütige Werk für gemischten Chor (SATB) und Klavier verbindet modal gefärbte Harmonien mit schwedischer Textpoesie über Winter, Stille und Licht. Text und Musik stammen aus einer Hand: Ajax hat beides selbst geschrieben. Die Uraufführung ist bewusst auf das Lucia-Fest terminiert – der Moment, in dem die Natur stillsteht und in dieser Stille das Licht zu leuchten beginnt.
Henrik Ajax, geboren 1980 in Skedevi, lebt seit 2012 in München und lehrt Instrumentation und Musiktheorie an der Hochschule für Musik und Theater. Er studierte Klavier an der École Normale de Musique de Paris und Komposition bei Heinz Winbeck (Würzburg) sowie Jan Müller-Wieland (München). Seine Werke wurden u.a. vom Ensemble Recherche, dem Ensemble Adapter und den Nürnberger Symphonikern uraufgeführt. Ajax erhielt das Musikstipendium der Stadt München (2017), den Bayerischen Kunstförderpreis (2018) und 2025 den Kompositionspreis des via-nova-chors.
Einen besonderen nordischen Klangakzent setzt Charlotte Deimel aus Herrsching am Ammersee. Sie begleitet das Konzert auf Violine und Nyckelharpa (Schlüsselfidel). Ihre Nyckelharpa – ein traditionelles schwedisches Tastenstreichinstrument mit mittelalterlichen Wurzeln – verleiht den Lucia- und Volksliedern eine charakteristische nordische Klangfarbe.
Für das Jubiläum reist zudem Andrea Stjernedal aus Göteborg an. Die Sopranistin war von 2011 bis 2014 selbst Teil des Ensembles und kehrt nun als Gastkünstlerin zurück. Stjernedal absolvierte ihre Musicalausbildung an der Balettakademie Göteborg und war als Solistin bei AIDA Cruises in über 25 verschiedenen Shows weltweit zu erleben. Ihr Gastauftritt schließt den Kreis – von den ersten Proben in Elins WG bis zur großen Bühne in St. Matthäus.
Von IKEA bis Fika: Schwedisches München
Die bayerische Landeshauptstadt hat sich als Standort schwedischer Unternehmen etabliert. IKEA eröffnete am 17. Oktober 1974 in München-Eching seine erste Deutschland-Filiale und wurde zum Pionier skandinavischer Präsenz in Bayern. Heute prägt schwedisches Unternehmertum die Stadt auf vielfältige Weise: Von Großkonzernen wie Volvo, Ericsson, Spotify, Klarna, Electrolux und Handelsbanken über Designhäuser wie Gudrun Sjöden (Reichenbachstraße) bis hin zu skandinavischen Cafés wie Fika (Westendstraße), die das Lebensgefühl des Nordens nach München bringen.
Diese Verbindung verkörpert Elin Keim selbst: Hauptberuflich führt sie als Country Manager für Deutschland und Österreich Parkster, einen der führenden schwedischen Anbieter für digitale Parkraumbewirtschaftung, der von München aus den DACH-Raum betreut. Parallel leitet sie seit 15 Jahren das Scandinavian Ensemble – eine Brückenbauerin zwischen Wirtschaft und Kultur.
Die Deutsch-Schwedische Handelskammer vernetzt rund 1.200 Mitgliedsunternehmen aus beiden Ländern. Seit 1994 gibt es eine offiziell anerkannte schwedische Auslandsgemeinde, die Schwedische Schule besteht seit 1974 und unterrichtet rund 100 Kinder.
„Das Scandinavian Ensemble leistet seit 15 Jahren einen unschätzbaren Beitrag zum kulturellen Dialog zwischen unseren Ländern”, so Dr. Mathias Fontin, Schwedischer Honorarkonsul in München seit 2019. „Die Lucia-Tradition verbindet nicht nur Schwed:innen mit ihrer Heimat, sondern öffnet auch den Münchner:innen eine Tür zur nordischen Kultur. Gerade in Zeiten intensiver wirtschaftlicher Verflechtung brauchen wir diese kulturellen Brücken mehr denn je.”
| Zwei JUBILÄUMSKONZERTE „SCHWEDISCHE WINTERMAGIE MIT LUCIAZUG”
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FAKTENBOX - Schwedische Community in München:
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Ca. 2.000-3.000 schwedische Staatsbürger:innen in München
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Schwedische Kirche: seit 1994 offiziell anerkannte Auslandsgemeinde
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Schwedische Schule: seit 1974, ca. 100 Schüler:innen
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IKEA: erste Deutschland-Filiale am 17. Oktober 1974 in München-Eching
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Schwedischer Weihnachtsmarkt: seit 1991 in der Gustav-Adolf-Kirche
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Deutsch-Schwedische Handelskammer: rund 1.200 Mitgliedsunternehmen (2024)
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