Das Hochhaus Timber Pioneer mag mit 37 Metern neben dem 259 Meter hohen Commerzbank-Tower wie ein Zwerg in der Frankfurter Skyline wirken. Der Baustoff Holz macht das Mini-Hochhaus jedoch zum Pionier.
Frankfurt am Main/München (10.12.25). Die letzten Arbeiten an dem Objekt in der Frankfurter Europa-Allee sind seit Herbst 2024 abgeschlossen, der erste Bürogroßmieter Universal Investment ist auf rund 9.600 Quadratmetern bereits eingezogen. Mit dem international tätigen Bauunternehmen Porr zog im August 2026 der nächste größere Mieter ein. Im Erdgeschoss haben ein Nahversorger und ein 24/7-Fitnessstudio gemietet. „Die ersten Pioniere arbeiten bereits von hier. Nun suchen wir für die noch verbleibenden 3.600 Quadratmeter noch weitere Vorreiter, die mit ihrem Einzug ein ökologisches Statement setzen wollen“, sagt Steffen Barkholtz, kaufmännischer Projektverantwortlicher bei UBM Development.
Holz als Pionierarbeit: Mit Fichtenduft zum Vorreiter in einer Nische
Mit seinen sieben Vollgeschossen, plus Staffelgeschoss und Technikaufbau erreicht der Timber Pioneer die Hochhausgrenze in Frankfurt. Und steht als erstes Holz-Hybridgebäude für eine neue Generation von Bürogebäuden. UBM-Deutschland-Chef Christian Berger: „Wir konkurrieren nicht über Lage, sondern über Qualität. Holz schafft Behaglichkeit. Das merkt man sofort – nicht nur in Wohnungen, sondern auch im Büro. Es riecht besser, klingt ruhiger und fühlt sich einfach angenehmer an als Beton. Die Arbeitsatmosphäre ist einfach unvergleichlich.“ Berger muss es wissen. Sein Unternehmen hat sich vorgenommen, in Deutschland und Österreich zum Vorreiter beim Thema Holzbau zu werden. Mehr als ein Dutzend Objekte sind bereits genehmigt oder gebaut.
Wie eine Stippvisite in dem fertiggestellten Gebäude zeigt, ist das Gebäude am Frankfurter Büromarkt ein solcher Vorreiter. „Wenn man reinkommt, merkt man sofort: Das hier ist kein normales Bürogebäude. Es wirkt genauso modern und hell – aber etwas ist anders“, sagt Steffen Barkholtz. „Es riecht nach Holz. Es ist extrem ruhig. Alles wirkt gedämpfter.“ Barkholtz, der als gebürtiger Wiesbadener quasi im Taunus aufgewachsen ist, holte gewissermaßen das Holz aus seiner Kindheit und Jugend in die Großstadt am Main. Denn: Gebaut hat die UBM Development das Objekt mit rund 1.800 Kubikmetern FSC-zertifizierter Fichte. Eine Mooswand im Foyer komplettiert den Natur-Eindruck in Deutschlands Bankenmetropole.
Anders bauen: Holz kann schwer Tragen
Was nach Atmosphäre klingt, ist in Wahrheit auch Statik: Die sichtbaren Fichtenstützen tragen tatsächlich die Lasten. „Bis auf eine sind alle Holzstützen im Foyer statisch wirksam – das Gebäude steht buchstäblich auf Holz“, erklärt Barkholtz. Selbst die skulptural wirkende Treppe, die scheinbar frei von der Decke hängt, ist aus Holz. Dabei handelt es sich um eine Sonderanfertigung, die abends durch eingebaute LEDs leuchtet.
Mit dem Büroprojekt will die UBM Development beweisen, dass sich Holz und Design nicht ausschließen, sondern ergänzen. Die Pionierarbeit für den Holzbau zeigt sich heute in Deckenhöhen von drei Metern, viel Tageslicht und dezenten Sichtbetonflächen. Unsichtbare Pionierarbeit steckt nach Barkholtz Worten im Thema Brandschutz. „Unsere Technik-Kollegen haben sich viel mit Brandschutz beschäftigt und eng mit der Behörde zusammengearbeitet. Nur wer genau hinsieht, erkennt beispielsweise, dass ein Teil der Paneele im Vorraum der Aufzüge nicht aus Holz sind oder die Wegeführung im Aufzugsvorraum nur wie Holz aussieht. Wo es nicht anders ging, haben wir anderes Material verbaut“, sagt er mit Blick auf die Sicherheitsanforderungen.
Mit Holz bauen bedeutet: Mehr Vorfertigung
Auch der Bau ist anders gelaufen als bei herkömmlichen Gebäuden, erklärt Berger am Beispiel der Baukostenkalkulation. „Wir haben die Baustelle zu einem Teil in die Werkhalle verlagert – dorthin, wo Werkzeuge, Materialien und Fachkräfte unter idealen Bedingungen arbeiten können. Das spart Kosten, reduziert Risiken und macht das Bauen insgesamt wieder erschwinglicher.“ Dies wiederum wirkt sich auf die Bauzeit aus. „Beim Büroprojekt Timber Peak in Mainz etwa haben wir mit dem Gewerk Holzbau zuletzt eine Etage in fünf Tagen geschafft – dank industrieller Vorfertigung kommt nur ein Lkw pro Woche. Am Ende der Woche steht ein ganzes Stockwerk. So spart der Holzbau nicht nur CO₂ ein, sondern auch wertvolle Zeit.“ Das Objekt Timber Pioneer in Frankfurt wurde mit einem DGNB-Gold-Vorzertifikat ausgezeichnet und spart laut Bauherrn gegenüber konventionellen Neubauten 80 Prozent CO₂, 40 Prozent Material und 30 Prozent Transportkosten. Die Fertigstellung dauerte nur die Hälfte der üblichen Zeit.
Universal ist mit neuem Arbeitskonzept eingezogen
In Frankfurt tragen bekanntlich viele Banker Westen der Marke Patagonia. Die Sehnsucht nach Natur am Schreibtisch lässt sich im Timber Pioneer quasi täglich ausleben. Ein Finanzdienstleister hat die Qualität des Holz-Hybridbaus bereits erkannt. Seit einem Jahr ist Universal Investment Ankermieter im Objekt, eines der größten deutschen Fondshäuser mit rund 640 Mrd. Euro verwaltetem Vermögen. Rund 800 Mitarbeitende sind aus dem IBC-Tower umgezogen, 400 davon arbeiten seitdem auf ca. 9.600 Quadratmetern im Timber Pioneer – in einem offenen New-Work-Konzept mit flexibler Flächennutzung.
Der Wald in der Stadt
„Es gibt mehr Orte der Begegnung, mehr Freiraum für Austausch. Die Arbeitsatmosphäre ist eine andere – ruhiger, konzentrierter, gesünder“, fasst Barkholtz die Eindrücke der Mitarbeiter vor Ort zusammen. Was nach Werbeprospekt klingt, hat eine bauliche Basis: Die Holzflächen sorgen für eine natürliche Schallabsorption, das Raumklima wird über Heizdecken und Kühlsegel reguliert – nach neuestem ESG-Standard.
Und dann ist da noch der symbolische Moment: Barkholtz steht oben auf der Dachterrasse, Blick vorbei an der Frankfurter Skyline in Richtung Taunus. „Das ist der schönste Arbeitsplatz, den ich bisher betreut habe“, sagt er. Vielleicht nicht der günstigste – aber sicher einer mit Zukunft.